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Textland Literaturfest 2018

Auf dem zweitägigen poetischen TEXTLAND-Fest diskutieren deutsche Autorinnen und Autoren aus zwei oder mehreren Kulturräumen über Sprachdynamiken in unserer Einwanderungsgesellschaft, interkulturelle Fremd- und Selbstbilder und Fragen der literarischen Übersetzung – und lesen aus ihren Büchern.
Durch die Veranstaltung führt Insa Wilke.

TITEL Textland Literaturfest – Made in Germany

ORT Evangelische Akademie Frankfurt, Römerberg 9, Frankfurt am Main

EINTRITT € 10,- Euro pro Tag (erm. € 8,-), € 15,- (erm. € 12,-) für beide Tage

TICKETS Kartenreservierung über redaktion@faust-kultur.de oder www.evangelische-akademie.de oder an der Tageskasse

PROGRAMM


Samstag, 15. September 2018

Einlass ab 14 Uhr

15 Uhr
Begrüßung
Carolina Romahn
Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst

15:15 Uhr
Eröffnungsvortrag
Armin Nassehi
„Identität oder Praxis? – Über die Paradoxie des Sprechens“

Um die Angst vor einer zunehmend unübersichtlich werdenden Welt zu nehmen, braucht es eine Öffnung der Diskurse in alle möglichen Richtungen – unbequeme nicht ausgeschlossen.
Denn, so formuliert es der Soziologe Armin Nassehi, wenn man z.B. ein Dilemma als Dilemma formuliere, sei schon etwas gewonnen. Man lasse erkennen, dass es nicht nur die eigene Sicht der Welt gebe.
Weil auf das objektiv Sichtbare kein Verlass sei, spricht sich Nassehi für die Wirkkraft der Erzählung aus und damit gleichzeitig für die Notwendigkeit, Räume zu schaffen, in denen Vertreter unterschiedlicher Narrative miteinander diskutieren können.
Armin Nassehi eröffnet mit seinem Vortrag die TEXTLAND – Made in Germany-Veranstaltung als einen dieser Räume.

16 Uhr
Neue deutsche Literatur? – Stimmen, Thesen, Reaktionen
Thesenaustausch mit Insa Wilke

Was eigentlich versteht man unter „deutscher Literatur“? Literatur, die von deutschen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen geschrieben wurde? Literatur, die sich mit Themen beschäftigt, die nur innerhalb der Landesgrenzen relevant sind? Von deutschen Verlagen veröffentlichte Literatur oder Literatur in deutscher Sprache? (Und wenn ja, wo liegen die Grenzen der deutschen Sprache?) Literatur, die auf dem Boden des deutschen Staates geschrieben wurde? Je länger man fragt, desto unlogischer die Antworten. Kluge Köpfe sollen Klarheit schaffen. – Wir haben Max Czollek, Marjana Gaponenko, Olga Martynova, Sharon Dodua Otoo und Necati Öziri gebeten, in zehn Thesen zu formulieren, was für sie „deutsche Literatur“ ist.

Zu ihren Thesen nehmen wiederum Stellung: Matthias Göritz, Hadija Haruna-Oelker, Monika Rinck, Claudia Schmölders und Aleš Šteger. Und das Publikum soll auch mitdenken und auf Zetteln Kommentare notieren, die am Sonntag in die Zukunftswerkstatt MAIN LABOR einfließen werden. Etwas Besseres als eine einfache Antwort werden wir hier ganz sicher hören!

Pause

19 Uhr
N-Wort, Sternchen und #metoo: Wie spielt die Zeit in die Sprache?
Podiumsdiskussion mit Marjana Gaponenko, Sharon Dodua Otoo, Max Czollek
Moderation: Insa Wilke

Die oder der größte Feind*in der Kunst und Literatur sei heutzutage die politische Korrektheit. Sie stranguliere jede Vitalität und betoniere die schönsten Regungen künstlerischer Freiheit zu einem faden, angstbesetzten Einerlei. Ach ja? Könnte man es nicht auch anders sehen? Die Debatten um Sternchen, Binnen-I und Unterstrich, um Gemeintes und Gesagtes, um Grammatik und Geschlecht, um N-Wort, männliche Blumen und ethnische Fälle sind doch Ausdruck einer gesellschaftlichen Selbstreflexion, also Ausdruck von Erfahrung, vielleicht gar Erkenntnis. Es geht um Erfahrungen und ihre sprachlichen Spiegelungen! Behaupten wir – und fragen danach die Schriftstellerinnen Marjana Gaponenko und Sharon Dodua Otoo sowie den Dichter Max Czollek.

21 Uhr
Shortcut: Die lange Lese-Nacht
Lesungen mit Max Czollek, Marjana Gaponenko, Matthias Göritz, Olga Martynova, Sharon Dodua Otoo, Necati Öziri und Aleš Šteger
Moderation: Alexandru Bulucz und Insa Wilke

Binsenweisheit: Eine Lesung sagt mehr als zehn Debatten. So ist sie, die Literatur: klüger, genauer, härter, humorvoller und lustiger als jedes Streitgespräch. Nach einem Tag voller Thesen und Temperamente weiten wir Ohren, Augen und Imagination wieder ins Literarische, rütteln das Maß zurecht und kehren ein und aus. Denn die Tür darf schwingen, das Glas klingen und der Lärm verstummen, wenn uns einige unserer schreibenden Gäste aus der Werkstatt oder ihren zuletzt veröffentlichten Werken vorlesen. Zwei herrliche Stunden lang literarische Frischluftzufuhr!

23 Uhr
Late-Night-Talk: Heimat – aber mit Schmackes
Jamal Tuschick spricht mit Feridun Zaimoglu

Zu den ganz frühen Pionieren einer Literatur, die von einer neuen, selbstbewussten Generation nicht-nur-deutschstämmiger Autorinnen und Autoren geschrieben wurde, gehören Feridun Zaimoglu, der mit Kanak Sprak 1995 die gemütliche Literaturszene aufmischte, und Jamal Tuschick, der im Jahr 2000 mit Morgen Land eine der ersten Anthologien zu „Neuester deutscher Literatur“ auf diesem Feld herausgab. Die beiden sprechen über die Zukunft der deutschsprachigen Literatur – auch mit Blick auf den konservativen Rollback in der Gesellschaft. Anarchisch, spontan, komplizisch.

Der Late-Night-Talk fiel wegen der Erkrankung von Feridun Zaimoglu aus.


Sonntag, 16. September 2018

11 Uhr
Rendezvous mit der deutschen Sprache
Gespräch, Lesung und Konzert mit Abbas Khider und Dotschy Reinhardt

(Gitarrist Benson McGlashan)
Moderation: Insa Wilke

Abbas Khider wurde in der deutschen Sprache zum Romancier. Auf Arabisch, damals im Irak und auch heute noch, hat er nur Lyrik geschrieben. Oft hat er erzählt, dass ihm die Distanz, die er zu seiner Zweitsprache Deutsch hatte, beim Schreiben geholfen habe. Noch nie aber hat er erzählt, wie das eigentlich war, das erste Rendezvous mit der deutschen Sprache. Darum wird es in seinem neuen Buch gehen, das im Frühjahr 2019 erscheint. TEXTLAND gibt er exklusiv eine Pre-Preview. Über die Liebe zu Sprachen, über ihre Abgründe, über ihre politischen Falltüren und utopischen Räume unterhält er sich mit einer mehrsprachigen Künstlerin, die davon auch zu erzählen weiß: Dotschy Reinhardt ist Jazz-Sängerin, politisch engagiert und Autorin. Mit Selbst- und Fremdbildern musste sie sich als Sinteza schon früh auseinandersetzen. Erfahrungen, die auch ihre Kunst prägen.

15 Uhr
Zukunftswerkstatt MAIN LABOR
Mit Safiye Can, Max Czollek, Sandra Gugić, Tobias Kammann, Arta Ramadani, Karosh Taha
Moderation: Jamal Tuschick

Im MAIN LABOR diskutieren Autoren und Autorinnen der jüngeren Generation und spüren den aktuellsten Verschränkungen von Politik, Feminismus, Literatur und Migration nach. Denn: Positionen, die im ausgehenden 20. Jahrhundert die Migrationsdebatte in Deutschland progressiv bestimmten, wurden in den letzten Jahren oftmals wieder aufgegeben. Alte Selbstverständlichkeiten der Zugehörigkeit und einer autonomen Teilhabe haben ihre Gültigkeit verloren. Eine abwehrende Fremdwahrnehmung ignoriert die Vorteile der Differenz und die Chancen kultureller Vielfalt. Es stellt sich die Frage, wie die Literatur solchen Tendenzen entgegenwirken kann. Hat die Literatur eine unmittelbare gesellschaftliche Relevanz? Wie werden Selbst- und Fremdbilder durch Literarisierung beeinflusst?

Pause

18 Uhr
Buchpremiere
Avantgarde im Verlag: Nichtdeutschsprachige deutsche Literatur
Mit Nather Henafe Alali, Rafael Sanchez, Juliane Schindler
Moderation: Insa Wilke

Nather Henafe Alali musste 2014 aus Syrien fliehen. Er gehörte zu den Studierenden, die vor Ausbruch des Krieges friedlich für die Freiheit demonstrierten. In Deutschland hat er einen Roman über die Situation geschrieben, vor der die Menschen sich retten, und von ihrem Weg nach Europa erzählt. Es ist der erste von einem Syrer stammende Roman dieser Art, und er erscheint ganz bewusst in der deutschsprachigen Abteilung des S. Fischer Verlages, obwohl Nather Henafe Alali ihn auf Arabisch verfasst hat. Insa Wilke fragt nach: Was für ein Signal wollte der Verlag damit senden? Welche Brücken und welche Fremdheiten gibt es zwischen dem Arabischen und dem Deutschen, und welche Aspekte waren für den Übersetzer Rafael Sanchez bei seiner Arbeit von Relevanz? Und vor allem: Wie kam es dazu, dass Nather Henafe Alali seinen eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen so vieler Menschen auf diese Weise Ausdruck verleihen wollte und quasi aus dem Nichts seinen ersten Roman geschrieben hat?



Textland in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Frankfurt.


Förderer: